Mail eines ehemaligen Patienten vom Januar 2021

Was die Fachklinik Hirtenstein und alle Mitarbeiter mir geschenkt haben ist, (m)ein neues Leben und dafür werde ich immer dankbar sein.

Besonders die Achtsamkeit ist ein wertvoller Begleiter für mich geworden. Dazu möchte ich Ihnen eine kleine Geschichte erzählen:

Ich bin, was Musik betrifft schon immer ein Metal-Fan gewesen. Im Februar 2020 kam es zum Kontakt mit einer Band aus Berlin und wir sind inzwischen gute Freunde geworden.
Mit dem Gitarristen hatte ich dann für Juni 2020 ein Treffen in Berlin ausgemacht. Dies war das erste Mal seit meiner Entlassung aus Hirtenstein, wo ich eine Reise aus meinem Umkreis machte, und es überkamen mich doch Bedenken.

Früher bestand mein Urlaub aus Saufen und Party Machen von früh bis abends. Diesmal hatte ich für 4 Tage ein Hotel gebucht und ich fragte mich was ich den ganzen Tag dort machen sollte. Also nahm ich mir vor noch achtsamer als sonst zu sein. Was soll ich sagen, die Tage waren wunderschön. Ich hatte mir ein Fahrrad gemietet und bin jeden Tag durch Berlin geradelt. In den Pausen mal gemütlich einen Kaffee oder Wasser getrunken, einen Snack vertilgt und Menschen beobachtet. Am Abend war ich immer gut Essen. Ich hatte es mir auf eine für mich neue Weise gut gehen lassen. Ich konnte die Stadt bewusst erleben (ohne Delirium) und ich war so glücklich, dass ich im August nochmal dort war.
Für manchen ist das wahrscheinlich normal aber für mich war es eine ganz neue Erfahrung.

Für Weihnachten wollte ich dann den Jungs von der Band ein Geschenk machen. Ich dachte mir, ich schicke ihnen was zum Anstoßen. Ich habe also eine weihnachtliche Grafik erstellt und diese auf „Secco bianco 10%” Dosen drucken lassen. Haha, ein Alkoholiker verschenkt Alkohol. Die Mindestbestellmenge waren 24 Dosen. Dann geschah ein Weihnachtswunder. Es wurden mir 72 Dosen zum Preis von 24 geliefert. Zu meiner Schande muss ich gestehen, ich habe nicht reklamiert und sie behalten. Ich habe dann 15 Stück verschickt und den Rest in die Abstellkammer gestellt. Da saß ich nun mit 57 Dosen. Ich nahm mir vor, sie nach und nach zu verschenken. Und jetzt geschah etwas. Mir war klar, dass ich nicht rückfällig werden würde, aber immer wieder geisterten diese Dosen durch meinem Kopf. In der Nacht träumte ich öfters, wie ich sie getrunken hatte. Ich bin dann jedes mal spontan aufgewacht und war erschrocken. Wenn ich an der Kammer vorbeilief, wusste ich, dass dort die Dosen sind, und es war irgendwie unheimlich und bedrohlich. Da habe ich wieder gemerkt wie wichtig doch die Achtsamkeit ist, und man immer auf sie aufpassen muss. Ich bin dann los und habe alles an meine Nachbarn und Bekannten verschenkt.

Januar 2021 – Entlassjahrgang 2018

Aussenaufnahme: verschneite Suchthilfe und Berge im Hintergrund

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